Der Architekt als Designer
Hadi Teherani über Individualität, Stil und die Schwelle

Industrie- und Interior-Design haben seit Beginn der Moderne nicht nur als Inspirationsquelle eine besondere Rolle für Architekten gespielt, sondern auch als Betätigungsfeld, auf dem sie ihre architektonischen Ideen konsequent fortsetzen und weiterentwickeln konnten. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass Hadi Teherani als einer der erfolgreichsten Architekten Deutschlands (BRT) seit geraumer Zeit auch als Produkt- und Interior-Designer tätig ist.
> www.haditeherani.de
Herr Teherani, angesichts der Bedeutung des Designs für die Architekturgeschichte der Moderne, welche Rolle kann Ihrer Meinung nach das Design für die zeitgenössische Architektur spielen?

„Mir genügt es nicht, ein Gebäude und seine Räume zu definieren. Ich möchte die architektonische Atmosphäre, die emotionale Bindung der Menschen an ihre Umgebung beeinflussen. Das kann ich aber nur, wenn ich mehr anbiete als die Raumhülle. Mit der Einrichtung und Ausstattung der Räume möchte ich meine architektonische Idee bis zum kleinsten Detail fortsetzen. Wenn ich eine perfekte Raumatmosphäre schaffen möchte, muss ich mich auch um den Bodenbelag, die Möbel, sogar um das Teegeschirr oder die Blumenvase kümmern. Die Verbindung von Architektur und Design ist insofern konsequent, schon das Bauhaus sah darin den einzigen Weg zum Gesamtkunstwerk der Wohnung, des Arbeitsplatzes usw. Dieser Weg ist auch für unsere gegenwärtigen Architektursprachen immer noch der einzig überzeugende, wenn es darum geht, gestalterisch und atmosphärisch konsequent das stimmigste Ergebnis zu erzielen.“

Welche Entwurfshaltung kommt in dem eigens für Ihre Designabteilung entworfenen Gebäude und in dessen Einrichtung zum Ausdruck?

„Bei dem Gebäude in der HafenCity, in dessen untere Ebenen unsere Designfirma integriert ist, handelt es sich primär um einen Wohnungsbau unserer Typologie home4. Das heißt, wir verfolgen damit die Idee des Einfamilienhauses auf der Etage. Wohnen mitten in der Stadt, aber mit allen Vorteilen eines Hauses mit reduzierter Garten- bzw. Terrassenfläche. Unser Arbeitsplatz für Design liegt damit mitten im Geschehen, mitten im Getriebe einer sehr stimulierenden urbanen Situation am Wasser. Der Zusammenhang mit der Architektur des Wohnens und Arbeitens, der Stadt insgesamt ist sehr präsent. Das war mir das Wichtigste an diesem Standort, die ebenerdige Nähe zu allen Fragen der Urbanität und des Alltags. Dabei setzen auch die Einrichtung und die Aufteilung unseres Büros die Gegebenheiten der Architektur um.“

Die Fassade Ihres neuen Firmensitzes zeigt, dass Design und Architektur eine Einheit bilden können. Markante weiße Bänder gliedern den Bau und kontrastieren mit den schwarzen Bändern der Fenstereinfassungen. Am Eingang ist eine Video-Sprechanlage von Siedle eingelassen. Welche Eigenschaften muss ein Designprodukt haben, damit es mit Ihrer Architektur harmoniert?

„Architektur manifestiert, gewollt oder ungewollt, eine spezifische Raumauffassung. Wenn ein harmonisches Ganzes gefragt ist, weil sich Menschen nur dann emotional aufgehoben fühlen, darf es nicht zu Kollisionen zwischen Architektur und Design kommen. Was liegt also näher als beide Arbeitsebenen in ein und derselben Person zu verbinden. Voraussetzung ist allerdings, dass schon der architektonische Entwurf die emotionale und atmosphärische Dimension der konkreten späteren Nutzung einbezieht. Dieses emphatische, ganz am Menschen orientierte Verständnis der Architektur ist sicher noch nicht selbstverständlich.“

Schwelle und Eingang lösen bei Ihren Besuchern und Kunden den ersten Eindruck von Ihrem Unternehmen aus. Warum haben Sie sich als Designer und Architekt für ein bestehendes Produkt entschieden und keine Eigenkreation entworfen?

„Die Notwendigkeit, ein eigenes Produkt zu entwickeln, ist immer dann zwingend gegeben, wenn der Markt für die jeweilige Architektur nichts Passendes anbietet. Ganz gleich, ob in technischer oder ästhetischer Hinsicht. In diesem Fall war ich natürlich sehr froh, kein eigenes Produkt entwickeln zu müssen. Denn es ist sicher keine leichte Übung, so viel Technik in so kompakten Abmessungen unterzubringen und dabei gleichzeitig das Erscheinungsbild so sachlich und reduziert zu halten. Es gibt beim Design viel zu viele drängendere Aufgaben. Man muss sich nicht mit Aufgaben beschäftigen, die schon ihre perfekte Lösung gefunden haben.“

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