Gralshüter und Wadenbeißer
Harald und Jens-Peter Volk über gute Orientierung
Die Brüder Harald (Bild oben) und Jens-Peter Volk leiten in Konstanz das „Atelier für konzeptionelle Gestaltung“. Neben der Corporate-Design-Entwicklung haben sie sich auf Orientierungs- und Leitsysteme spezialisiert. Für und mit Siedle planten die Volks das Leitsystem der ARCUS Sportklinik in Pforzheim.
Die Spezialisten sehen Orientierungssysteme als Querschnittsaufgabe, die idealerweise schon in der Planungsphase eines Baus beginnt und mit seiner Fertigstellung noch lange nicht beendet ist.
> www.ateliervolk.de

Was macht für Sie eine gute Orientierung aus?

Jens-Peter Volk:
Eine sichere Orientierung muss dem Besucher schon beim ersten Betreten die Chance geben, sich alleine zurechtzufinden. Und dafür darf kein räumliches Denkvermögen nötig sein, das nur ein Architekt hat.

Harald Volk:
In Kliniken hat die Orientierung großen Einfluss auf die Patientenzufriedenheit. Ein Patient darf nicht umherirren oder im falschen Wartezimmer landen. Eine gute Orientierung schafft das Vertrauen, sich am richtigen Ort zu befinden.


Und wie erreichen Sie das?


Jens-Peter Volk:
Am Anfang steht eine Zielliste: Was muss gefunden werden. Dann muss man Abläufe und Strukturen kennen, die muss man sich erarbeiten.

Harald Volk:
Das ist wörtlich gemeint: Wir gehen alle Wege selbst ab. Daraus entsteht ein Plan, der sich von dem des Architekten meist stark unterscheidet.

Woher kommt das?

Jens-Peter Volk:
Wir legen den Mantel des Designers ab und versetzen uns in die Rolle des Nutzers. Der Architekt hat einen ganz anderen Blickwinkel.

Und doch planen Architekten häufig Leitsysteme.

Jens-Peter Volk:
Da fühlen sich viele berufen. Der Architekt, der einfach seine technische Raumnummerierung übernimmt. Innenarchitekten, die vor allem dekorativ sein wollen. Schilderhersteller, die eine Planung als kostenlosen Bonus zu ihren Produkten anbieten. Designer, die weder die Sprache noch die Ansprüche der technischen Gewerke verstehen. Oder Bauherren, die glauben, mit dem Kauf schöner Schilder sei es getan. Das Thema Orientierung wird selten professionell gehandhabt.

Was machen Sie anders?

Harald Volk:
Wir sind an der Funktion orientiert. Wir bringen all diese Interessen zusammen, beziehen sie ein, koordinieren sie und leisten dabei sehr viel Überzeugungsarbeit. Je früher das geschieht, desto besser. Wir nennen das den integrativen oder ganzheitlichen Ansatz.

Was verstehen Sie darunter?

Harald Volk:
Vor allem eine Fülle von Details, die ineinander greifen und zusammen wirken. Zum Beispiel die Fugenabstände von Bodenplatten, die Position von elektrischen Anschlüssen und Lichtquellen, die Lage von Fußbodenheizungen. Das rechtzeitige Setzen von Fundamenten an der richtigen Stelle, technische Details der Aufhängung von Schildern. Aber auch die Wortwahl an der Rezeption, deren Auskunft mit der Beschilderung übereinstimmen muss. Oder die Berücksichtigung von Hausfarben und -schriften, die richtige Typografie, natürlich auch die Auswahl eines adäquaten Trägersystems. Das geht bis zum geschickten Umgang mit Eitelkeiten: Wie und wo nenne ich alle Vornamen und Titel von Amts- und Würdenträgern, wo kann ich sie weglassen?

Das klingt nach diplomatischem Dienst.

Jens-Peter Volk:
Stimmt. Aber wenn es darum geht, Gewohnheiten oder Vorgaben zu ändern, ist Durchsetzungsvermögen gefragt. Da muss man auch mal vehement sein.

Harald Volk:
Wir machen das arbeitsteilig: Mein Bruder ist der Gralshüter der Gestaltung, ich spiele den Wadenbeißer, der sie vor Ort durchsetzt.

Jens-Peter Volk:
Das klingt schlimmer, als es ist. Wir können im Detail sehr penetrant sein. Aber wenn das Ergebnis stimmt, sind die Leute hinterher dankbar dafür.

Welche Rolle spielt das Produktdesign der Schilder, die Sie einsetzen?

Jens-Peter Volk:
Das Trägersystem muss in der Praxis umsetzen, was wir entwerfen. Insofern definiert das Produktdesign unsere Möglichkeiten.

Harald Volk:
Zunächst stellt sich die Frage: Was geht mit einem bestimmten Trägersystem? Dann: Wie gut, wie elegant geht es? Ist das System nachhaltig, mit welchem Aufwand lässt es sich später ändern, aktualisieren, pflegen? Und nicht zuletzt: Stimmt die Ästhetik, fügt es sich ins Gesamtbild?

Sie haben in der Arcus-Klinik zum ersten Mal das Siedle-System eingesetzt. Was ist Ihr Eindruck?

Harald Volk:
Das System hat bestimmte Alleinstellungsmerkmale. Was sofort faszinierend wirkt: Keine sichtbaren Befestigungen. Da spürt man die Finesse des Produkts.

Jens-Peter Volk:
Das System hat Instrumente, die uns Individualität ermöglichen, ohne dass alles neu entwickelt werden muss. Es bietet sehr viele Möglichkeiten, auf ein Corporate Design einzugehen. Zudem ist es architektonisch sehr verträglich. Sein Design betont die Wertigkeit, trotzdem steht die Funktion, die Information im Vordergrund.

Sind also ästhetische Vorzüge entscheidend?

Jens-Peter Volk:
Nicht nur. Das Trägersystem wurde spezifisch entwickelt. Das hat uns begeistert. Zum Beispiel hat Siedle bei großen Hängeschildern Edelstahl durch Aluminium ersetzt, um das Gewicht zu reduzieren.

Harald Volk:
An den Glaswänden der Aufzugsportale konnten wir nicht bohren. Die Schilder, immerhin 30 Kilogramm schwer, mussten geklebt werden, dauerhaft fest, aber auch zerstörungsfrei wieder ablösbar. Das war auch für den Hersteller Neuland. Also hat man zunächst Klebetests durchgeführt, um ganz sicher zu sein. Erst dann hat Siedle die Methode freigegeben.

Jens-Peter Volk:
Das Produkt-Know-how bei Siedle ist einzigartig. Man hat ein ganz anderes Vertrauen in einen Hersteller, der seine Produkte in der Klimakammer testet.

Das Siedle-System bietet die Möglichkeit, elektronische Funktionen zu integrieren. Ist das sinnvoll?

Jens-Peter Volk:
Und ob. Die Kombination von Orientierungsschildern und persönlicher Interaktion ist sogar der Idealfall. Wir denken zum Beispiel an Türschilder mit Sprechfunktion, einem Codeschloss oder einem Fingerprint-Leser.

Harald Volk:
In diesem Punkt haben wir das Potenzial des Systems noch
lange nicht ausgeschöpft. Das ist vor allem eine Frage der übergreifenden Herangehensweise. Die zeitlich und nach Gewerken getrennte Planung ist oft ein Problem, das ganzheitliche Arbeit verhindert.
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